Vorsicht: Kein Anspruch auf Entschädigung nach IfSG, sondern Pflicht zur Entgeltfortzahlung

Arbeitsfähige Arbeitnehmer ( keine AU), deren Betrieb während eines Infektionsverdachts geschlossen wird, die unter Quarantäne gestellt sind oder deren Kinder die Kindertagesstätte oder die Schule nicht besuchen dürfen, können unterschiedliche Leistungen beanspruchen, um ihren Verdienstausfall auszugleichen:

 

Homeoffice

Wird ein Arbeitnehmer z. B. wegen des Kontakts zu einer krankheitsverdächtigen Person unter häusliche Quarantäne gestellt, kann er während dieser Zeit nicht seiner Arbeitspflicht im Betrieb nachkommen. Die Situation ist unproblematisch, wenn der Arbeitnehmer stattdessen auf einen häuslichen Arbeitsplatz (Homeoffice) ausweichen kann. In dem Fall besteht normale Arbeitspflicht mit Entgeltfortzahlung.

 

Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts aufgrund § 616 BGB

Fehlt es an einem Heimarbeitsplatz, richtet sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt nach § 616 BGB.

§ 616 BGB (vorübergehende Verhinderung aus persönlichen Gründen) greift ein, wenn die Regelung nicht vertraglich (Arbeits- oder Tarifvertrag) abbedungen ist und, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Davon ist zweifellos bei einer häuslichen Quarantäne auszugehen.

 

Eine genauere Definition des Begriffs der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ erfolgte kürzlich durch das Verwaltungsgericht Koblenz. Dieses hält bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens einem Jahr grundsätzlich eine höchstens 14 Tage dauernde Arbeitsverhinderung infolge einer häuslichen Absonderung für eine nicht erhebliche Zeit (VG Koblenz, Urteile vom 10.05.2021, Az. 3 K 107/21 KO und Az. 3 K 108/21 KO).

 

Kein vertraglicher Ausschluss bzw. keine Begrenzung des § 616 BGB -> Folgen

Der Eintritt eines infektionsschutzrechtlichen Beschäftigungshindernisses stellt insofern einen Hinderungsgrund dar. Dauert die Verhinderung insgesamt nur eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an, hat er weiterhin einen Anspruch auf seine Vergütung und ein Anspruch nach § 56 IfSG besteht insoweit nicht. Ein Überschreiten der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ führt dazu, dass der Anspruch nach § 616 BGB in Gänze entfällt.

 

Eine vorrangige Lohnfortzahlungspflicht kann auch für die Zeit bestehen, in der der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist (§ 3 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit zeitlich vor oder gleichzeitig mit dem Tätigkeitsverbot, der Absonderung oder dem Ausfall des Kinderbetreuungsangebots eintritt.

 

Auszubildende haben einen vorrangigen Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 19 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Berufsbildungsgesetz (BBiG). Allerdings kann dieser Anspruch nach § 616 BGB sowohl durch einen Arbeitsvertrag als auch durch einen Tarifvertrag ausgeschlossen bzw. eingegrenzt werden, wovon im Arbeitsleben vielfach Gebrauch gemacht wird.

 

Handlungsempfehlung

Bitte prüfen Sie, bevor Sie bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Entschädigungsleistungen stellen, ob eine Arbeit (von zu Hause aus) möglich ist, ob der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin seinen/ihren Lohnanspruch über § 616 BGB behält oder ob der gesetzliche Entschädigungsanspruch des § 56 Abs. 1 IfSG greift.

In vielen Fällen werden Anträge auf Entschädigung nach IfSG von der zuständigen Behörde abgelehnt, was u. A. Rückrechnungen in der Lohnabrechnung zur Folge hat.

Sollten Sie Fragen haben, zögern Sie bitte nicht uns anzusprechen. Kontaktieren Sie uns per Telefon oder per Kontaktformular.